Sonntag, 18. Oktober 2015

Der gute Gott von Manhattan [Hörspiel-Rezension]

Eine 8-stündige Busfahrt hat natürlich auch Vorteile. Neben paralyseartigem Starren in die Autobahnlandschaft und wiederholtem Positionswechsel kann man nämlich ganz wunderbar Hörbücher hören. Somit habe ich es jetzt nach Monaten endlich geschafft mein Rezensionsexemplar von Der gute Gott von Manhattan vollständig anzuhören. Wie es mir damit ergangen ist, möchte ich euch nun berichten.


Inhalt:


Der sogenannte gute Gott von Manhattan muss vor einen Richter treten, da ihm vorgeworfen wird Bombenattentate auf Liebende auszuüben. Rückblickend erfährt man von seinem letzten Opfer Jennifer, eine Studentin der Politikwissenschaften, welche auf einer Reise nach New York auf den Geschäftsmann Jan trifft. Sie ermutigt ihn ihre Zeit gemeinsam zu verbringen und dabei entdecken sie langsam die Liebe zueinander. Im Gefühlstaumel verstärken sich die gegenseitigen Liebesschwüre bis sie ein Maß erreichen, da der gute Gott sich genötigt sieht einzugreifen.

Mistys Meinung:


Ich habe mich während meines Studiums ein ganzes Semester lang mit den Hörspielen von Elfriede Jelinek beschäftigt, die sich sehr gerne einem schnellen Verständnis entziehen. Von Frau Jelinek bin ich verstrickte, mehrdeutige Sätze und Szenen gewöhnt, einen Zugang muss mir meist erst hart erarbeiten. Ich liebe Bachmanns Lyrik und Prosa sehr und sie erschließt sich mir meistens fast von selbst, doch nach diesem Hörspiel saß ich zunächst wirklich als sehr großes Fragezeichen in meinem Sitz.

Einige Internetanalysen später war ich nicht wirklich schlauer geworden, entdeckte aber dann im Booklet welches bei der CD enthalten ist, dass Hans Höller eine gut verständliche, kompakte Interpretation verfasst hat. Als Bachmannkenner (übrigens durfte ich auf der Uni seine Vorlesungen besuchen) gelingt es ihm wirklich famos Licht in dieses sprachlich dichte Hörspiel zu bringen. Daher möchte ich jetzt auch gar keine zweitklassige Paraphrasierung seiner Zusammenfassung vornehmen, verweise aber sehr gerne auf die Texte dieses Booklets, die eine Beschäftigung mit dem Stück wirklich sehr erleichtern.

Abgesehen vom Inhalt, der wie bereits erwähnt etwas Geduld und Zeit zum Nachlesen benötigt, sofern man erst noch mehr Erfahrung für Bachmann sammeln muss, ist dieses Hörspiel unter der Regie von Gert Westphal recht gelungen. Die Sprecher passen meiner Meinung nach ganz ausgezeichnet in ihre Rollen, besonders Jennifer wird für den Hörer richtig zum Leben erweckt.

Sprachlich ist dieses Hörspiel recht poetisch und gespickt mit den typischen Formulierungen der Autorin, die ich wie immer sehr gelungen fand. Dank der medialen Aufbereitung können Fans der Autorin ihre Sprache ganz neu erleben. Wer sich bereits in Bachmanns Todesarten Projekt eingelesen hat, wird hier übrigens auch inhaltlich eine interessante Parallele entdecken.

Fazit:


Ein recht interessantes Hörspiel, das sich einem unerfahrenen Hörer (wie mir) nicht gerade leicht erschließt, jedoch dank des beigelegten Booklets einen ganz neuen Zugang zu Bachmanns Werk ermöglicht.

Vielen Dank an der Hörverlag für die Zusendung dieses Rezensionsexemplars!

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Titel: Der gute Gott von Manhattan
Autorin: Ingeborg Bachmann
Sprache: Deutsch
Regie: Gert Westphal
Hörspieldauer: 1h 30 min

1 Kommentar:

  1. Liebe Misty

    Vielen Dank für den Tipp, das hört sich auf jeden Fall spannend an. Im wahrsten Sinn des Wortes :-)
    Wenn du am Mittwoch noch ein wenig freie Zeit hast, würde ich dich ausserdem zu meinem nächsten gemütlichen Lese-Mitenander einladen.
    http://samtpfotenmitkrallen.blogspot.ch/2015/10/ankundigung-14-gemutliches-lese.html

    Vielleicht klappt es ja, ich würde mich auf jeden Fall freuen.

    Ganz liebe Grüsse
    Livia

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