Freitag, 29. April 2016

Weit über das Land [Rezension]

An meinem freien Tag habe ich jetzt nun wirkliche keine Ausrede keine Rezension zu verfassen. Ich bin zwar diese Woche nicht wirklich zum Lesen gekommen, aber für ein kleines Büchlein hat meine beschränkte Zeit dann doch gereicht. Heute wird also vorgestellt:



Inhalt:


Als Thomas nach einem Sommerurlaub mit seiner Familie nach Hause zurück kehrt, verspürt er plötzlich das unbändige Bedürfnis sich in einem unbemerkten Moment davon zu schleichen. Er verlässt den Garten, die Straße seines Hauses und schließlich das gesamte Dorf. Doch auch dann hält er nicht mehr an und schlägt sich weiter in die Wildnis. Auch als seine Frau einen Tag später nach ihm suchen lässt, hält er sich nicht auf und wandert über verlassene Pfade durchs Gebirge, wohin es ihn gerade zieht.

Mistys Meinung:


Ich greife eigentlich immer mal wieder gerne zu dünnerer Belletristik, gleich ob mir die Titel nun von vornherein zusagen oder nicht. Oftmals brauche ich zwischen all den Schinken auch einfach einen kleinen gehaltvollen "Snack". Als solcher fungierter auch dieses Buch und so hatte ich für einige Stunden meine tägliche Portion Literatur gesichert.

Rein thematisch finde ich die Geschichte interessant, schließlich dürften schon viele irgendwann den Impuls gehabt haben, einfach alles stehen und liegen zu lassen, um sich klammheimlich davon zu machen. Die Hauptfigur des Romans folgt diesem Impuls schlichtweg und zieht ohne sich weiter Gedanken darüber zu machen durch das Land, um von einem Tag in den nächsten zu leben. Zwar erfasst Thomas gelegentlich die Sehnsucht nach seiner Familie, dennoch kehrt er nicht um und setzt seinen Weg fort. Gleichzeitig wird auch das Leben seiner zurückgebliebenen Frau Astrid beleuchtet, die sich zunächst einmal aus ihrer Starre lösen muss, ehe sie überhaupt begreifen will, dass ihr Mann von einem Tag auf den nächsten verschwunden ist.

Diese Starre bzw. ihr passives Verhältnis ist auch für die weitere Handlung maßgebend und ich finde ihre distanzierte und zugleich hilflose Art eigentlich sehr interessant. Die Distanz an sich war für mich in diesem Buch vorherrschend, da selbst die aktiveren Parts der Sprache -nämlich die Dialoge- nicht vom Text hervorgehoben waren, sondern einfach im Fließtext integriert wurden. Diese Art des Schreibens ist natürlich nicht neu, doch gerade bei diesem Buch schaffte es für mich eine ganz eigene, distanzierte Lesart. Die Figuren bleiben dadurch gewissermaßen unnahbar und das Geschehen wirkt ein wenig fremd und unwirklich. Das meine ich jedoch gar nicht negativ, mir gefiel dieser Umstand eigentlich recht gut, desöfteren bin ich durchaus in der Stimmung für ein solches Buch.

Allein wegen dieser Gesichtspunkte erinnerte mich die Geschichte ein klein wenig an Handkes Werke, hatte aber dennoch einen ganz eigenen Stil. Ebenfalls sehr spannend fand ich die verschiedenen Wirklichkeitsebenen, die sich im Laufe der Geschichte entwickeln und durch die unterschiedlichen Beschreibungen von Astrid und Thomas geschaffen werden. Welchen Zustand man nun als Leser als "wirklich" anerkennt, bleibt einem ganz selbst überlassen.

Dass trotz der erwähnten Distanz und dem kühlen Verhalten beider Figuren eine starke Wertschätzung zwischen ihnen zu spüren ist fand ich besonders reizvoll und schön. Viele Geschichten, die ich im Laufe meines Lebens gelesen habe kennen meist nur ein Extrem - bedingunglose Liebe oder Seelenkälte. Eine warme Wertschätzung trotz allen Konflikts hebt sich für mich da wirklich heraus und konnte mich sehr überzeugen.

Fazit:


Eine für sich sehr interessante, kurze Geschichte, die wenn man sich auf sie einstellen kann auf jeden Fall zum Nachdenken anregt und trotz ihrer Distanziertheit glaubhafte Figuren bietet.

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Titel: Weit über das Land
Autor: Peter Stamm
Verlag: S. Fischer
Sprache: Deutsch
Gebundene Ausgabe: 224 Seiten

2 Kommentare:

  1. Hallo Misty! :)

    Und, hat dir der Titel des Buches denn von vornherein zugesagt? Mich hat er schon neugierig gemacht, vor allem der Klappentext löst bei mir ein wenig Fernweh und eine "auf-und-davon-Lust" aus ... Einfach herumzuwandern und von einem Tag in den nächsten zu leben - das klingt so einfach und stressfrei.
    Aber nicht so optimal finde ich hier, dass der Protagonist einfach so gegangen ist, ohne seiner Familie Bescheid zugeben. Wander- und Abenteuerlust hin oder her - sowas kann man nicht machen, wenn man ein Gewissen hat.
    Scheint aber trotzem irgendwie so zu sein, als würde Astrid ihrem Mann das verzeihen und hält immer noch Wertschätzung für ihn bereit.
    Du hast mich mit der Buchvorstellung SEHR neugierig gemacht. Kommt nun auf jeden Fall auf meine Wunschliste!

    Alles Liebe ♥,
    Janine

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    1. Hallo Janine :)

      Ja, in ihrem Verhalten sind diese Figuren wie gesagt ein wenig befremdlich und fast unwirklich, aber genau das macht auch den den Reiz der Geschichte für mich aus :) Und nachdem es ja auch noch ein ziemlich dünnes Büchleich ist, lohnt sich das Lesen schon.

      Liebe Grüße!

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